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Donnerstag, 12. März 2015

[Wissen] Wie schreibe ich eine Rezension?

(C) Gerry Stratmann


Hallo zusammen,

heute gibt es den neulich angekündigten Artikel zum Thema ‚Wie schreibe ich eine Rezension?‘

Vorweg möchte ich Folgendes loswerden:
Mein Artikel, dessen Reihenfolge, die Inhalte und Maßstäbe sind nicht zwangsläufig allgemeingültig und ganz sicher nicht dogmatisch.


Definition ‚Rezension‘
Ich werde im Folgenden natürlich die Buchrezension behandeln.

Eine Rezension ist per Definition eine Musterung.
Der eine oder andere weiß, was das bedeutet, ich will aber gern an dieser Stelle einen Auszug aus der Wikipedia zitieren:

Eine Rezension (lat. recensio, Musterung‘) oder auch Besprechung (zuweilen auch im deutschen Sprachraum anglisiert zu Review) ist in der Regel eine in Printmedien schriftlich niedergelegte […] Form einer Kritik, die einen bestimmten Gegenstand eines abgegrenzten Themenfeldes behandelt.

Es handelt sich hierbei also um eine, anhand von gängigen Leitlinien, Geschmäckern und Sichtweisen belegte, Meinung zu einem bestimmten Medium. In diesem Fall um ein Buch oder E-Book.

!!! Eine Rezension, so nett, schrecklich oder wie-auch-immer sie sein mag, ist NIE für den Autor des jeweiligen Textes, sondern für andere LeserInnen verfasst!!!

Nun wisst Ihr also, was in der Theorie hinter einer Buchbesprechung steckt, aber wie sieht es mit der Praxis aus?

Zunächst einmal, das Besprechen von Texten kann man lernen.
Es ist kein von wem auch immer gegebenes Talent, man muss sprachlich kein Genie sein, benötigt keinen übergroßen Wortschatz und kann, sofern man mag, sogar jeglicher stilistischer Finesse entsagen.
Unter stilistischen Finessen verstehe ich Ironie, Spott (Sarkasmus) oder auch alles andere, was missverständlich aufgefasst werden könnte.
Schachtelsätze, doppelte Verneinungen und Über- sowie Untertreibungen sind ebenfalls nicht gut dazu geeignet, einem späteren Leser Eurer Rezension als Hilfe zu dienen.

Somit steht schon einmal fest:
Eine Buchbesprechung soll klar und deutlich sein.

Klingt doch gar nicht so schrecklich schwer, oder?

„Ich sage einfach, ob es mir gefallen hat oder nicht, und alle sind zufrieden.“
Hm, leider ist es nicht ganz so einfach.

Aber der Reihe nach …

Bevor wir nun ins kalte Wasser springen, ein paar wichtige Dinge, die Du beim Schreiben einer Rezension niemals vergessen darfst:

- Eine Rezension ist stets ausschließlich auf den einen, gerade vor Dir liegenden Text bezogen.
- Nicht der Autor und seine Person sind Gegenstand der Rezension.
- Eine Rezension sollte ehrlich sein, denn Du stehst mit Deinem Namen/Nicknamen für Deine Meinung ein.
- Eine Rezension sollte höflich formuliert sein.
- Eine Rezension dient NICHT dazu, einem Autor einen Gefallen zu tun.
- Eine Rezension verkörpert DEINE Meinung und beruht inhaltlich immer auf Deinen ganz privaten Empfindungen.

Behalte das immer im Hinterkopf, dann kann sich niemand von Deiner Meinung beleidigt oder beschimpft fühlen.

Es gibt ein paar grundlegende Fragen, die jeder für sich selbst beantworten muss.
a)    Wo liegt mein Hauptaugenmerk beim vorliegenden Text?
b)   Wieso will ich eine Besprechung dazu schreiben?

Zu a): Wenn man ein Buch liest, so tut man dies auf seine ganz eigene Art. Jeder hat dabei andere Präferenzen.
Den Einen stören Satzzeichenfehler, den Nächsten kann nicht einmal die schrecklichste Grammatik davon abhalten, mit den Protagonisten bis zum Ende mitzufiebern.
Mache Dir also klar, welche Aspekte für dich in Bezug auf Rechtschreibung, Zeichensetzung und Grammatik wichtig sind.
Sind sie Dir egal, ersparst Du Dir eine Menge Stress und geschmälertes Lesevergnügen (und ich werde auf ewig neidisch sein, denn ich für meinen Teil kann über Mängel der genannten Art nicht hinwegsehen.

Es gibt neben den knallharten Fakten, denn genau das sind die Regeln der Rechtschreibung/Grammatik/Zeichensetzung, auch eine Menge anderer Punkte, die eventuell wichtig für Dich und Dein Lesevergnügen sind.

Wortwahl, Wortwiederholungen, Satzbau, Ausdruck, Größe des genutzten Wortschatzes und die Verwendung von Sprachbildern stellen hier eine sehr große Gruppe von Aspekten, die für den einen oder anderen Leser ebenfalls sehr wichtig sein können.

Begriffserklärungen und ausführliche Beispiele hierzu werde ich im Verlauf noch geben.

Zu b): Was will ich mit der Rezension erreichen? Will ich andere Leser auf dieses Werk aufmerksam machen? Schreibe ich einfach gern Rezensionen für die Bücher, die ich gelesen habe? Will ich dem Autor einen Gefallen tun?
Es gibt so viele Gründe, aus denen man eine Besprechung für andere sichtbar machen wollen könnte. Überlege es Dir selbst und sei ehrlich.

Auch hierzu später mehr.

Wenn Du Dir diese Fragen nun beantwortet hast, stehen plötzlich ganz viele andere im Raum. Neben den erwähnten Begriffen natürlich auch die Frage nach dem ‚Wie?!‘

Ich erwähnte es bereits, auch ich habe das Rezensieren nicht mit der Muttermilch aufgesogen, sondern (hart) erlernt.

Ein gewisses Sprachgefühl kann hier einiges erleichtern, ist aber letztlich nicht entscheidend.

Gelernt habe ich das Besprechen von Texten auf einer Internetseite, die meiner Meinung nach zu Unrecht immer wieder mit Seiten wie Bookrix, Fanfiktion, bxb, animexx und Co in einen Topf geworfen wird:
Dort findet man auch einen sehr schönen Leitfaden zu dem hier besprochenen Thema, den ich gern am Ende noch verlinken werde.

Meiner sieht naturgemäß nicht wahnsinnig anders aus, aber ich will gern deutlicher werden und mehr ins Detail gehen.

Schaffen wir uns nun also ein Grundgerüst, an welchem wir uns entlanghangeln können, um zu sehen, welche Aspekte nun wirklich in unsere ganz private Besprechung gehören.

Ich unterteile heute alles ganz grob in 7 Kategorien.

1.   Handlung
2.   Charaktere
3.   Erzählweise
4.   Stil
5.   Logik
6.   Rechtschreibung/Grammatik/Zeichensetzung
7.   Zusammenfassung und alles bisher Ungesagte

Ich werde nun erst einmal zu jedem Aspekt ausführliche Hinweise geben, die Dir beim Ordnen Deiner Gedanken, beim Festlegen Deiner persönlichen Präferenzen helfen sollen.
Nicht alles wird für Dich passend sein, aber vielleicht ist auch etwas Unpassendes letztlich ein Hinweis für Dich.

Also sind wir ein weiteres Mal in der absoluten Theorie angelangt, und Du erkennst, dass eine Rezension keine schnell dahingeschmierte Lobhudelei und auch kein haltloser Angriff ist, sondern ernste, teilweise sogar harte Arbeit.

Zu 1.:
Die Handlung eines Textes ist das, was die meisten an einen Text fesselt, den Leser eintauchen und mitfiebern lässt.
Hier halte ich einen wirklich SEHR kurzen Abriss des Geschehens für angebracht, der die Gesamtsituation und deren Wirkung auf Dich zeigt.
Bitte keine Inhaltsangabe und wenn es geht, auch keine verräterischen Paarungen oder Namen nennen.
Es ist wichtig, dass ein Leser, der dieses Buch noch nicht gelesen oder gekauft hat, nicht von vornherein abgeschreckt oder aufgeklärt wird, damit er seinen Lesespaß auch wirklich auskosten kann.
Niemand will in einer zufällig überflogenen Rezension das Ende eines Buches verraten bekommen, oder?
Also achte an dieser Stelle darauf, möglichst schwammig zu umschreiben.

Hey, das widerspricht aber dem ‚eine Rezension muss klar und deutlich sein‘!
Nein, tut es nicht, denn klar und deutlich darfst und sollst Du hier sagen, welchen Einfluss die Handlung auf Dich ganz persönlich hat.

Zu 2.:
Die Charaktere in dem vorliegenden Text sind zumeist mehr als nur das Hauptpaar, und sollten hier alle mehr oder minder deutlich angerissen werden. Hier darfst Du Namen nennen, Berufe zuordnen oder Dich ganz anders ausdrücken.
Vor allem darfst Du hier sagen, ob Dir die Protagonisten echt vorkommen, ob sie ihrer Beschreibung entsprechend agieren und reagieren, ob sie glaubwürdig sind.
Dazu benötigt es nicht unbedingt körperlicher Beschreibungen, denn gut geschriebene Charaktere zeigen dem Leser ihr Wesen durch ihre Handlungen. Reagiert ein Protagonist also plötzlich in Deinen Augen grundlos anders, als Du es den vorhergegangenen Aktionen entnommen hast, ist hier der geeignete Unterpunkt, um das zu sagen.
Dazu benötigst Du keine haarkleinen Handlungsbeschreibungen, die möglicherweise wieder den Inhalt des Buches verraten könnten, sondern nur Andeutungen, aus denen andere herauslesen können, worum genau es Dir mit Deiner Einschätzung geht.
Zum Beispiel: Ein Vater hat bisher immer hart und streng über seine Familie ‚regiert‘, wird aber nun ohne ersichtlichen Grund zu einem jasagenden Allesversteher, der jede Regelverletzung seiner Kinder ignoriert oder gar gutheißt.

Zu 3.:
Die Erzählweise beinhaltet verschiedene Themen.
Zum Beispiel kannst Du hier sagen, aus welcher ‚Richtung‘ die Geschichte erzählt wird. (Icherzähler, personaler Erzähler, wechselnde Erzähler, auktorialer Erzähler usw.)
Ebenso gehört hier hinein, ob ein Text in der Gegenwart oder Vergangenheit geschrieben ist.
Neben diesen Dingen kannst Du hier auch sagen, ob die Geschichte chronologisch erzählt wird, oder ob mit (zahlreichen) Rückblenden gearbeitet wird.
Auch hier hinein gehören erzählerische Besonderheiten. Zum Beispiel, ob der Icherzähler sein ‚Publikum‘ anspricht.
Natürlich gehört zu allen genannten Aspekten auch die Fragestellung (und Deine Antwort), ob Dir das zusagt oder nicht.

Ein Beispiel: Graues Meer und blaue Sonnen ist ein Gegenwartstext aus Sicht eines einzelnen Icherzählers, beinhaltet aber nach eine sehr kurzen Kapitel in der Gegenwart eine lange Rückblende in der Vergangenheit. Zudem spricht Julius seine ‚Leser‘ direkt an.

Zu 4.:
Stil oder nicht Stil, das ist hier die Frage!
… und sie führt uns wieder zu den oben unter a) erwähnten Dingen wie Wortwahl, Wortwiederholungen, Satzbau, Ausdruck, Größe des genutzten Wortschatzes und die Verwendung von Sprachbildern.

Hier aber nun die angekündigten Erklärungen zu den einzelnen Begriffen.

Wortwahl:
Wenn zum Beispiel ein erotisch angedachter Text dazu neigt, sich wie eine medizinische Abhandlung anzuhören, weil anatomische Fachbegriffe genutzt werden, ist das zwar eine sehr gewählte Ausdrucksweise, aber leider wird kein Funke überspringen können.
Die Frage, die sich daraus ergibt, lautet:
Passt die Wortwahl zum Inhalt/zur Handlung?

Wortwiederholungen:
Im Grunde selbsterklärend.
In einem Satz dreimal das gleiche Wort? In einem Absatz zehnmal?
Die Frage, die Du Dir stellen solltest, lautet:
Ab wann wird es für mich störend/nervig?
Im Umkehrschluss:
Wechseln die Ausdrücke und finde ich das gut?

Anmerkung: Manchmal wirken die unterschiedlichen Synonyme, die der Autor für seine Geschichte verwendet hat, auch extrem krampfhaft, sehr bemüht. Stört es Dich?

Satzbau:
Sind alle Sätze immer wieder gleich aufgebaut, so kann auch das sehr ermüdend und störend sein.
Beispiel: Er hat eine Weile darüber nachgedacht. Er macht sich große Sorgen um seinen Freund. Er sagt ihm, wie er die Sache sieht. Er zeigt sich wenig beeindruckt von den Argumenten seines Freundes.
Auch hier die Frage:
Ab wann stört es Dich?
Sind die Sätze gut durchmischt, wechseln in Aufbau und Struktur, dann wird es Dir vermutlich beim Lesen nicht einmal auffallen, falls aber doch, kannst Du auch dies ganz wunderbar in Deiner Rezension vermerken.

Natürlich sind diese ‚Gleichläufe‘ im Satzbau nicht der einzige Unterpunkt, denn auch Schachtelsätze oder viele, extrem kurze Sätze können den Lesefluss stören oder beeinflussen.
Auch hier gilt es, Dir zu überlegen, ob und wie Du das erwähnen willst.

Anmerkung: Die Länge der Sätze kann Stimmungen beim Lesen beeinflussen. So wirst Du in vielen Büchern an besonders spannenden Stellen kurze, beinahe abgehackte Sätze finden. Dies erhöht die ‚Schlagzahl‘ beim Lesen und hinterlässt, je nach Thematik, einen atemlosen Leser.

Ausdruck:
Zum Ausdruck gehört unter anderem auch die bereits genauer ausgeführte Wortwahl, doch hier geht es nicht um die zu vermittelnde Stimmung, sondern um die simple Lesbarkeit eines Textes.
Beispiel:
Veras Oma fährt jeden Freitag zu einer ihrer Freundinnen, um in deren Haus Bridge zu spielen.

Vera ihre Oma fährt jeden Freitag nach eine von ihren Freundinnen hin, um in der ihrem Haus Bridge zu spielen.

Stellst Du Dir gerade die Frage, wie man den zweiten Satz überhaupt vernünftig lesen können soll? Zu Recht!

Der zweite Satz ist grammatikalisch und in seinem Aufbau eine absolute Katastrophe und verhindert das klare Lesen. Zudem wurde dort der Genitiv nicht richtig umgesetzt.

Musst Du manche Sätze im vorliegenden Text zweimal lesen, weil sie so wirr geschrieben sind?
Überleg Dir, ob das wirklich an Dir liegen kann, oder vielleicht ein stilistischer Mangel am Text ist.

Aber noch haben wir den Ausdruck nicht ‚abgefrühstückt‘.
Es gibt weitere mögliche Mängel. Zum Beispiel das Verwenden von Verben in der Verlaufsform:
Ich bin am trinken. Ich bin am arbeiten.
So sprechen wir gern mal, aber im Schriftdeutsch haben Verbindungen von ‚am‘ und einem Verb nichts zu suchen.
Vielleicht kennst Du den Spruch: Die Kuh am Schwanz am raus am ziehen. ;)

Ebenfalls eine Frage des Stils ist die korrekte Benutzung von sogenannten Sprechverben.
Die hauptsächlich genutzten sind: sagen, fragen, sprechen.
Es gibt weitere, die je nach Lektor und Lesergeschmack noch vorkommen können: meinen, widersprechen, befinden, verlauten lassen, flüstern, nuscheln, murmeln, raunen, zurückgeben, zu wissen verlangen, versetzen, wiederholen, erwidern.

Absolute NO-GOs sind: lachen, seufzen, kichern, grinsen, stöhnen.
Ausnahmen bei letzteren: Ein-Wort-Sätze.

Größe des genutzten Wortschatzes:
Abwechslungsreiche Sprache ist lebendig, echt und glaubhaft.
Hier gibt es keine klaren Regeln, aber vielleicht fällt Dir beim Lesen auf, dass der Text eintönig oder besonders lebendig wirkt. Beides verdient Deine Aufmerksamkeit und eine kurze Bemerkung.

Verwendung von Sprachbildern:
Passen die Bilder, die durch metaphorische Ausdrücke in Deinem Kopf geweckt werden?
Nach einem Sturz in Matsch und Herbstlaub, sah er wie aus?

Er sah aus, als hätte man ihn geteert und gefedert.

Er sah aus wie paniert.

Er sah aus wie ein frisch gesuhltes Schwein.

Erneut die Frage: Passen diese Bilder? Hast Du dazu überhaupt Bilder im Kopf?
Wenn ja, alles gut! Bei besonders schönen oder innovativen Sprachbildern ist das durchaus eine Erwähnung wert.

Zu 5.:
Die gute alte Logik
Man sollte wirklich meinen, an der kommt niemand vorbei, aber die nackte Wahrheit ist, dass einige Autoren gerade in diesem Punkt zu Nachlässigkeit neigen.
Da sind in wildem Geknutsche bereits entkleidete Personen plötzlich wieder halb angezogen und entblättern sich erneut, da rennen Protagonisten plötzlich über eine saftig-grüne Wiese, obwohl sie eben noch an einem Strand standen …
Es gibt viele Beispiele für unlogische Aspekte in Geschichten.
Das Ignorieren anatomischer Gegebenheiten ist einer davon, ebenso aber auch ganz allgemein die Schlüssigkeit eines Textes.
So ist in einer Fantasygeschichte erst einmal alles erlaubt, denn der Autor hat eine Parallelwelt oder eine gänzlich neue Welt entwickelt. Hier gelten dennoch die Regeln der Logik.
Wenn diese beachtet werden, ist selbst die verrückteste Fantasie ein gegebenes Kriterium und muss lediglich ihren eigenen, neu erfundenen Gesetzen folgen.
Wechselnde Haar- und Augenfarben, Berufe und Bezeichnungen gehören ebenfalls in das Ressort der Logik.
Ein Zimmer darf auch nicht von links nach rechts wechseln und aus kurzen Hosen werden nicht plötzlich lange.

Klingt doch ganz einfach, nicht wahr?
Dann ist es Dir sicherlich gut möglich, die vorhandene oder fehlende Logik innerhalb des vorliegenden Textes zu erwähnen.

Zu 6.:
In Stein gemeißelt, im Duden verewigt und festgelegt, sind die Regeln für Rechtschreibung, Grammatik und Zeichensetzung.
An ihnen kommt man ebenso wenig vorbei wie an der Logik.
Damit das gleich sonnenklar ist: Nur sehr wenige Menschen beherrschen alle Regeln perfekt, aber die meisten wissen, wo sie nachschauen können.
Viele Regeln haben sich mit Reformen geändert, doch manche stehen felsenfest.

Zu den felsenfesten Regeln gehört alles, was mit Grammatik zu tun hat.
Die korrekte Benutzung der vier Fälle:
Nominativ, Genitiv, Dativ und Akkusativ.
Besonders der zweite bereitet vielen Schwierigkeiten, aber das gehört eher in einen Autorenratgeber, denn ich das heutige Thema.

Wie eingangs bereits erwähnt, musst Du Dir selbst darüber klarwerden, ob und wie dieser Unterpunkt in Deine Rezension hineinspielen soll.

Für mich spielt es eine große Rolle, ob das Schreibhandwerk beherrscht wird, aber das ist schließlich nur meine Sicht der Dinge. Vermutlich eine kleine Berufskrankheit in meiner Eigenschaft als Lektor. ;)

Zu 7.:
Die Zusammenfassung!
Nun hast Du es beinahe geschafft, denn wenn man es genau nimmt, ist dieser Unterpunkt sehr schnell abgehandelt.
Ziehe Dein Resümee, teile anderen Dein ganz persönliches Fazit mit.
Hier kannst Du auf das Preis-Leistungs-Verhältnis eingehen, erklären, ob und wieso der vorliegende Text von anderen gelesen oder gemieden werden sollte, verraten, ob Du Dich auf eine Fortsetzung freust oder einfach nur mit dem Text abschließen.


Da wären wir nun angekommen, am Ende dieses wahnsinnig langen und hoffentlich einigermaßen informativen Beitrags.

Bevor Du nun aber losgehst und Dich auf Deine erste, fünfzigste oder letzte Rezension stürzt, möchtest Du vielleicht noch einmal an einem ganz konkreten Beispiel sehen, was man anhand der hier gegebenen Hinweise mit einem Text ‚veranstalten‘ kann.

Ich kann auf Wunsch in den kommenden Tagen (evtl. dauert es auch 2 Wochen) eine Rezension zu Gerry Stratmanns Race-Board vs. Skiing verfassen. Fall Du das möchtest, sag Bescheid.

Ansonsten wünsche ich Dir viel Spaß beim Lesen und gutes Gelingen für Deine zukünftigen Rezensionen.

Dein Nat

Hier noch der versporchene Link zu den Neobooks-FAQ. Punkt 113 ist der, den ich meinte: http://www.neobooks.com/faq

Montag, 16. Februar 2015

[Wissen] Leserunde - Was ist das?


(C) Gerry Stratmann


Hallo zusammen,

da in den vergangenen Tagen, aber auch früher schon, mehrmals Anfragen kamen, was genau denn nun eine Leserunde ist, werde ich es heute erklären :)
Ich finde, das ist ein guter Auftakt für das hier geplante Lexikon für LeserInnen und AutorInnen.
Auch wenn Du LeserIn bist, solltest du die Abschnitte 'für AutorInnen' lesen. ;)

:)

Leserunde

Definition 
Eine Leserunde ist ein spannendes Werkzeug, ein Bindeglied zwischen den Geschichten, die ein Autor schreibt, und den LeserInnen derselben.
In einer Leserunde lesen alle das gleiche Buch, teilen dazu ihre Gedanken und Gefühle mit den anderen teilnehmenden Leuten.

Wozu ist das gut?
AutorInnen leben vom Feedback, von den Rückmeldungen auf emotionaler Ebene, die nur LeserInnen liefern können.
Wie kommt eine bestimmte Szene an? Welche ist die Lieblingsszene, welche geht gar nicht?
Welcher Protagonist ist glaubhaft, welcher erweckt Zorn, Hass, Mitleid?
Solche Dinge sind sehr spannend für die Urheber der Geschichten, und helfen dabei, zukünftige Texte besser, klarer, logischer zu machen.

Was genau muss ich tun ...

... als AutorIn?
Ein/e AutorIn schreibt zu einer Geschichte eine Leserunde aus. Dies kann in einem Forum geschehen, in einer FB-Gruppe, in einer speziellen Community dafür (Lovelybooks, Literaturschock). Dort wird neben einem kurzen Abriss über den Inhalt der Geschichte evtl. auch eine Frage gestellt.
Ganz wichtig aber ist, gerade für die Interessenten, die das Buch noch nicht besitzen, dass für eine Leserunde kostenlose Exemplare der Geschichte angeboten werden.
Meistens in begrenzter Zahl, aber die Chancen, mitmachen zu dürfen, stehen nicht schlecht.
Es gibt sogar AutorInnen, die jedem Bewerber ein -Book schenken, damit alle Interessierten auch mitmachen können.
Der zu lesende Text wird nun in Abschnitte gegliedert, über die die LeserInnen einzeln diskutieren können. Ob Du dafür Kapitel oder Seitenzahlen nimmst, hängt hauptsächlich davon ab, wie lang der Text ist, und wo die Unterteilungen wirklich sinnvoll sind.

... als LeserIn?
Du musst Dich für ein Buch interessieren, um das es gehen soll, bewirbst Dich dann bei der entsprechenden Ausschreibung, wenn Du die gewünschten Kriterien erfüllst.
Die Kriterien können sehr vielfältig sein.
Manche AutorInnen stellen eine Frage, die zum Teil sehr persönlich beantwortet werden muss, andere verlangen ein Mindestalter und evtl. auch eine Mindestanzahl an bereits verfassten Rezensionen vom möglichen Teilnehmer.
Letzteres wohl hauptsächlich, um zu vermeiden, dass eines der ausgeschriebenen Gewinnbücher zwar abgeholt, anschließend aber nicht besprochen wird. Näheres dazu später. :)
Wenn Du die Bewerbungsphase 'bestehst' und an deren Ende ausgewählt/ausgelost wirst, um teilzunehmen, wird dir der/die AutorIn entweder das E-Book oder Taschenbuch zusenden, sobald die Kommunikationsdetails ausgetauscht sind.
In der Regel muss man angeben, welche E-Mail-Adresse man besitzt oder bei Taschenbüchern die Postadresse.

Ich bin dabei! Aber ... was nun?!
Nun liest Du das Buch, machst Dir evtl. Stichpunkte (schöne Stellen im Text, Gedanken, Gefühle, die Dich überkommen haben, Unklarheiten usw.)
Natürlich ist das kein Muss, aber vielleicht hilft es Dir, gerade bei Deiner ersten Leserunde oder sehr langen Kapiteln/Abschnitten, besser den Überblick zu behalten.
Vielleicht möchtest Du deshalb also Stichpunkte vermerken oder Kommentare/Markierungen in Deinem Leseexemplar des E-Books machen.
Wi schnell verliert man sonst den Überblick und weiß nicht mehr, in welchem Abschnitt nun was genau stand?

Diskussionen, Meinungen, Unterhaltungen ... muss ich das machen?
Hm, auch hier gilt: Nichts MUSS, aber vieles KANN.
Du bist durch die Teilnahme und das Annehmen des Leseexemplares zwar keinen Vertrag eingegangen, aber doch lastet eine gewisse 'Ehrenschuld' auf Dir.
Der/die AutorIn ist in Vorleistung gegangen und hat Dir etwas überlassen, damit Du Dich intensiv damit beschäftigen kannst.
Dass du dies auch wirklich willst, hast Du mit Deiner Bewerbung kundgetan, und es ist nur fair, jetzt Deinen Teil der Abmachung einzuhalten.

Wie genau sieht das denn nun aus?

Lies und kommentiere.
Nervt Dich ein Protagonist?
Verstehst Du nicht, wieso einer so oder so reagiert?
Ist ein Satz besonders toll?
Was denkst Du über die Szenen, vielleicht führen sie Dich gedanklich in eine ganz bestimmte Richtung? Dann sag es gern, die AutorInnen werden es Dir danken, denn so sehen sie, ob ihre Texte 'funktionieren'.
Bei einem Krimi, zum Beispiel, sollte man natürlich nicht spoilern (also das Ende oder etwas Entscheidendes verraten) aber man darf seine Vermutungen äußern, auf verdächtige Dinge hinweisen oder auch sagen, wenn einem etwas oder jemand total gruselig/komisch vorkommt.

Lies auch die Kommentare der anderen Teilnehmer, tausche Dich aus, entdecke neue Blickwinkel, andere Sichtweisen, diskutiere über das Gelesene.
Vielleicht ändert sich dabei Dein Eindruck, vielleicht bestärkt er sich, in jedem Fall aber wirst Du in einer Leserunde auch Menschen treffen, die vollkommen anders an einen Text herangehen als Du selbst.
Das ist auch für Dich als Leser eine spannende Möglichkeit, einmal in den lesetechnischen Kochtopf anderer zu blicken.

Hast Du bestimmte, nicht unbedingt im Text beschriebene Vorstellungen von Ort, Figuren, Charakteren? Sag es! :)

Alles, was Du an Feedback zu geben hast, kann hilfreich, spannend oder sehr, sehr interessant sein.
Nicht nur für die anderen Teilnehmer, sondern auch und vor allem für die AutorInnen!

Der Zeitfaktor ...

Das klingt doch alles sehr zeitaufwändig! Ich habe auch noch ein reales Leben, eine Familie, ein Haustier, einen Job ...

... und genau diese Dinge und Personen, Dein Alltag und reales Leben sind der Grund, wieso Du eine ganz eigenes, brauchbare, interessante und hilfreiche Meinung zu jedem von Dir gelesenen Text hast!

Natürlich verlangt keiner, dass Du von morgens bis abends in einer Leserunde bist, ständig aktualisierst und nachsiehst, ob wieder jemand etwas zur Diskussion beigetragen hat.
Auch lesen nicht alle gleich schnell.
Nimm Dir Zeit und lass den anderen Zeit.
Viele können nur abends, manche haben Schichtdienst und sind mal morgens, mal abends in der Leserunde.
Eine Leserunde ist nichts, bei dem alle gleichzeitig anwesend sein müssen, um sich auszutauschen.
Das ist das Schöne daran. Man kann sich beteiligen, wenn es der eigene, private Zeitplan hergibt.
Nichts ist Pflicht oder Zwang. Es gibt schlicht keine festen Zeiten.

Was muss ich beachten, wenn ich echt aktiv mitmachen will?
Man kann aber ganz grob sagen, dass eine Leserunde in den ersten 14 Tagen den stärksten Diskussionsraum bietet, da hier die meisten aktiv lesen und kommentieren.
Generell aber rechnet ein/e AutorIn aber wohl mit mindestens vier Wochen Leserunde, natürlich NACH der Bewerbungszeit und dem Versenden der Bücher.

Mein Lesetempo ist zu langsam, andere sind viel schneller!
Na und? Jeder in seinem Tempo, nach seinem eigenen Zeitplan. Mehr oder weniger wird nicht verlangt. :)

Und wenn ich was Falsches sage?!
Geht nicht! Sei ehrlich, sag Deine Meinung, in Deinen Worten.
Niemand verlangt einen Seelenstrip, Du erzählst und sagst nur, was Du wirklich teilen möchtest.

Gut, ich habe gelesen und diskutiert, bin also 'fertig'. Was mache ich jetzt?
Jetzt wäre es schön (meistens verlangen das die Teilnahmebedingungen sogar), wenn Du in Deinen Worten eine Zusammenfassung deiner Meinung abgibst. Dies kann in Deinem Blog, auf einer Verkaufsplattform oder in der Community, in welcher die Leserunde stattfindet, geschehen. Gern auch auf allen Dir zugänglichen Kanälen, denn letztlich soll auch Deine Rezension ein wenig Werbung für den Text machen.

Ich fand das Buch aber blöd, soll ich dann lieber nichts sagen?
Auf gar keinen Fall!
Deine Meinung ist und bleibt Deine Meinung.
Ja, es gibt AutorInnen, teilweise sogar Verlage, die ziemlich verschnupft reagieren können, wenn ihre 'Babys' nicht mit 5 Sternen und Lobeshymnen bedacht werden, aber das soll und darf niemanden abschrecken.
Ehrlichkeit zählt immer mehr als das Egostreicheln eines/r AutorIn.
Du schreibst die Rezension doch nicht aus Dankbarkeit für das Leseexemplar, sondern weil Du dich so intensiv mit dem Text beschäftigt hast, dass Du andere an Deinen Erfahrungen teilhaben lassen möchtest.

Wenn Du unsicher bist, schreib den/die AutorIn an, frag nach, was Du machen sollst.
Sei Dir sicher, ein/e seriöse/r AutorIn wird Dir dazu raten, Deine Meinung ungeschönt kundzutun. Sagt man Dir, Du mögest bitte keine Rezension veröffentlichen, mach Dir bitte ein paar Gedanken zum Thema Meinungsfreiheit und Charakter Deines Gegenübers. ;)



Alles gelesen?
Dann hast Du es geschafft und weißt nun, wie eine Leserunde abläuft, was Du zu tun hast, welchen Sinn sie hat.
Hast Du weitere Fragen? Dann hinterlass gern einen Kommentar, ich werde versuchen, Deine Fragen einzubauen und zu klären.

Nun wünsche ich Dir wahnsinnig viel Spaß, Input und Energie für Deine zukünftigen Leserunden!

Liebe Grüße

Euer Nat

Donnerstag, 17. Juli 2014

Heute schon einen Rezensenten geohrfeigt?

Hallo zusammen,

es ist mal wieder Zeit für einen kleinen Blogbeitrag von mir, weil ich es langsam aber sicher wirklich leid bin.

Es gibt diese wunderbare Einrichtung der Rezensionen und ich persönlich freue mich über jede davon, wobei mir vollkommen egal ist, welche Anzahl von Sternen daneben prangt.

Ich bin JEDEM Rezensenten und JEDER Rezensentin auf einer gewissen Verkaufsplattform mit dem großen A sehr dankbar dafür, dass er/sie seine/ihre Eindrücke mit den zukünftigen Käufern oder Nichtkäufern teilt und ihnen hilft, sich für oder gegen einen Kauf eines meiner Bücher zu entscheiden. Selbiges gilt übrigens auch für ALLE anderen Rezensionen von allen anderen Geschichten meiner zahlreichen Mitautor*innen!

Wir alle, die wir uns Autor*innen nennen, benötigen Menschen, die anderen ihre Leseeindrücke vermitteln, die bei Kaufentscheidungen helfen, die einfach mal das Ego streicheln oder uns auf Missstände/Lücken/Fehler und Unklarheiten in unseren Geschichten hinweisen.

Es gibt nur sehr wenige Menschen, die sich noch so weit in die Öffentlichkeit wagen, dass sie uns (pauschal für Autor*innen aller Genres) Rezensionen schenken.

Da leuchtet es sicherlich jedem ein, dass ebendiese Menschen möglichst fair und womöglich neutral behandelt werden sollten.

Beim oben erwähnten großen A ist es nun aber möglich, dem Rezensenten – ganz nach Gladiatorenspielen – einen Daumen rauf oder runter zu geben.

Das kann jeder schön erkennen, wenn an einer Rezension steht: 0 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Es bedeutet, dass zwei unterschiedliche Accounts, die beim großen A eingetragen sind, sich die Mühe gemacht haben, diesem für uns alle so wichtigen Rezensenten, eine Ohrfeige für sein doch sehr freundliches Verhalten zu geben.

DENN

Das große A arbeitet bei der Glaubwürdigkeit und der Verlässlichkeit eines jeden einzelnen Rezensenten mit dem prozentualen Verhältnis von „hilfreich“-Klicks zu „nicht hilfreich“-Klicks.
Dieser Prozentsatz ist im jeweiligen Profil des Rezensenten nachlesbar.

Was das bedeutet?

Ganz einfach:

Die wenigen Menschen, die bisher Zeit, Mühe und Aufwand investieren, um uns Autor*innen den Respekt eines Feedbacks zu zollen, verlieren öffentlich an Glaubwürdigkeit.

Sie bekommen, um es mal auf Hochdeutsch zu sagen, von irgendwem kräftige Arschtritte für das, was sie leisten.

Ist das fair?

Kaum.

Das Ganze wirft natürlich die Frage auf: „Wer macht so was denn?!“
Und die Antwort bietet mehrerlei Möglichkeiten.

1.   Autor*innen, die einfach blöd finden, dass ihre Mitstreiter so gute (oder überhaupt) Rezensionen bekommen.
2.   Fans von Autor*innen, die ihren privaten ‚Star‘ in ‚Gefahr‘ sehen und andere Mitbewerber herabwürdigen wollen, ohne selbst schlechte Rezensionen bei demjenigen zu hinterlassen.
3.   Gelangweilte Rezensenten, die gern den Status ‚Top-Rezensent‘ hätten, und andere Rezensenten herabwürdigen müssen.

Ich persönlich habe keinen blassen Schimmer, welcher Fraktion diese „nicht hilfreich“-Klicker nun tatsächlich angehören, aber ich weiß, welche Wirkung das langfristig haben wird.

Ad 1.: Es werden insgesamt immer mehr Rezensenten gefrustet sein, keine Besprechungen mehr hinterlassen und schlicht aufgeben.

Huch, das passt zu allen 3 Möglichkeiten!

Wobei ich ehrlich gesagt davon ausgehe, dass es auf jener Plattform keinen ‚Krieg der Rezensent*innen‘ gibt.

Und was bedeutet das nun?

Tja, hier kann jeder einmal ganz kurz selbst nachdenken und vor sich hin nicken.

Stimmt!

Wer auch immer da wild auf den „nicht hilfreich“-Button klickt, schießt ALLEN Autor*innen, ALLEN Rezensent*innen und JEDEM potentiellen Käufer über das große A so richtig ins Knie.

Gehe ich jetzt einmal davon aus, dass alle Autor*innen das selbst wissen und den Teufel tun werden, bei fremden Rezensionen jenen unsäglichen Button anzuklicken, so bleibt eine sehr wahrscheinlich so handelnde Gruppe von Fans übrig, die sich ihres Handelns NICHT bewusst zu sein scheint.

Fazit?

Fans schaden, auch wenn sie ‚ihren Stars‘ helfen wollen, ebenjenen genauso gut wie den ‚Feinden‘ – wer auch immer das sein mag.

Ist das wirklich so gewollt?

Falls ja, tut es mir wirklich und ehrlich leid für jene Autor*innen, die SOLCHE Fans haben. :(


Liebe Grüße Euer Nat

P.S.: Bitte denkt Euch bei jedem auf Geschlechter aufgliederbaren Wort die weibliche Form dazu – ich bekenne, ich war faul. ;)

Montag, 9. Dezember 2013

[Rezension] Positiv verliebt - von Karo Stein (besprochen von Adorabelle)



Heute habe ich die Lektüre von „Positiv verliebt“ von Karo Stein nach weniger als 24 Stunden beendet und unter den noch frischen Eindrücken will ich mich nun an einer Rezension versuchen.


Mit freundlicher Genehmigung der Autorin Karo Stein


Was mir als Erstes auffiel, ist das Cover. Ein paar Hände strecken sich dem Betrachter entgegen und halten eine Anti-AIDS-Schleife. Mein spontaner erster Gedanke war: als hielten sie einem das Herz entgegen, mit der stummen Bitte, doch ja pfleglich damit umzugehen.
Jetzt nachdem ich das Buch gelesen habe, erscheint mir das absolut passend. Man kann durchaus mehrere Bedeutungen darin sehen. Entweder die oben angesprochene Bitte, oder vielleicht auch die wie ein Schild vor sich her getragene Tatsache der eigenen Infektion des einen Hauptcharakters Fabian.
Und damit wären wir schon mitten in der eigentlichen Handlung.

Jakob hat sich in Fabian verliebt, himmelt ihn jedoch nur aus der Ferne an. Denn Fabian ist HIV-positiv und die gesamte Community weiß das, nachdem er seinen früheren Freund, der von seiner eigenen Infektion wusste und sie Fabian bewusst verschwieg, in einem Club öffentlich zur Rede gestellt und attackiert hat.
Jakobs bester Freund Daniel, ein typischer schwuler „Hengst“, rät ihm den hübschen, jungen Mann zu vergessen, doch seine Gefühle für diesen sind schon längst viel zu tief geworden. Leider sind Jakobs sämtliche Versuche, an Fabian heran zu kommen zunächst zum Scheitern verurteilt, stellen sich die Mauern die der um sich gezogen hat, doch als schier unüberwindlich heraus.
Der Zufall verschafft Jakob eine erste Chance, sich Fabian zu nähern, aber lange Zeit sieht es nach einer hoffnungslosen Sache aus, frei nach dem Motto: Ein Schritt vorwärts und zwei wieder zurück.
Jakob ist jedoch beharrlich. Er will seine Chance und ist bereit, dafür so einiges in Kauf zu nehmen. Er informiert sich über HIV, AIDS und setzt sich auch mit sich selbst, seiner Motivation und seiner Einstellung zum Thema auseinander.
Doch auch Fabian kämpft. Es fällt ihm schwer sich zu öffnen, Jakobs Annäherung zu akzeptieren und vor allem seine eigenen Gefühle. Über allem steht immer wieder die Angst, Jakob irgendwie zu infizieren, aber auch andere Dinge wollen angegangen werden, z.B. die Tatsache, dass er auch zwei Jahre nach der Diagnose noch nicht in der Lage ist, sich mitsamt der Krankheit anzunehmen, obwohl er sich eben dies nicht eingesteht. Das zeigt sich besonders krass in seiner Weigerung, eine Therapie mit Tabletten zu beginnen, als seine Blutwerte sich verschlechtern.
Und selbst, als Jakob und er so etwas wie ein Paar geworden sind, greift er bei Auseinandersetzungen immer wieder zum absoluten Totschlagargument (wie Jakob ihm dann irgendwann sehr treffend erklärt) und schleudert seinem Freund entgegen, dass er sich eben nicht in ihn hineinversetzen könne, weil er „es“ nun mal nicht habe, gesund sei.
Der Weg für die beiden zueinander ist steinig und es gibt mehr als eine Situation, wo Jakob, aus dessen Sicht das Buch erzählt, glaubt, alles sei sinnlos.

Was mir an „Positiv verliebt“ besonders gefällt, ist die Leichtigkeit mit der die Autorin hier ein ernstes Thema in Angriff nimmt. Das soll nicht heißen, dass dem Leser schöner Schein vorgegaukelt und eine rosarote Brille aufgesetzt wird, im Gegenteil. Aber wohltuenderweise gibt es hier keinen moralisch erhobenen Zeigefinger oder Ähnliches, man begreift vielmehr allmählich, genau wie übrigens auch die beiden Hauptprotagonisten, dass nicht die Infektion oder die Krankheit das eigentliche Problem sind, sondern vielmehr der Umgang damit. Sowohl von Seiten des Betroffenen, wie auch von allen anderen im Umfeld. 
Und es wird einem deutlich vor Augen geführt, dass es für eine funktionierende Beziehung nun mal kein Patentrezept gibt, egal ob zwischen zwei gesunden Partnern, oder wie hier, bei einem diskordanten (bed. hier zw. einem Gesunden und einem Infizierten, wörtlich: diskordant = nicht übereinstimmend) Paar. Gegenseitiges Vertrauen und nicht stummes Hoffen auf wortloses Verstehen sind es, die eine Partnerschaft am Leben halten und überhaupt erst ermöglichen. Für mich ist das letzten Endes auch die Hauptaussage des Buches.

Trotzdem ist es natürlich in allererster Linie eine Liebesgeschichte und auch erotische Szenen kommen nicht zu kurz. Sie fügen sich stimmig ein und setzen noch ein Sahnehäubchen auf ein, wie ich finde, rundum gelungenes Buch.
Solche Geschichten möchte ich sehr gerne öfters lesen und hoffe, diese hier findet das Echo, welches sie verdient!