Freitag, 5. November 2021

[Leseprobe] Graues Meer und blaue Sonnen

 Leseprobe

Nackte Wahrheit

Ein Klopfen an der Tür.

Ich schlucke, versuche, zu reagieren. Aber wozu?

Ich schließe die Augen, als die Tür sich öffnet und wieder zuklappt. Jemand tritt neben mich, sieht auf mich herab, das kann ich beinahe spüren; bohrend und mitleidig.

ICH WILL KEIN MITLEID!

Ich will ihn zurück ...

Geräusche, eine Stimme. Ich öffne die Augen, weit über mir neigt sich ein Kopf. Dunkles Haar, eine randlose Brille, dahinter Augen, deren Farbe ich nicht einmal erkennen will. Es ist egal, oder nicht?

Nur einer zählt. Nur einer.

Ich schlucke noch einmal. Das ist schwierig geworden. Etwas schnürt meinen Hals zu. Immer.

Der Mann an meinem Bett ist ein Arzt, das erkenne ich – immerhin. Er trägt einen offenen Kittel, darunter normale Kleidung. Hemd, Hose, egal.

Sein Mund bewegt sich. Aber ich höre nur Rauschen. Soll ich versuchen, ihm zuzuhören?

Was kann er schon sagen? Dass ich mich zusammenreißen muss?

Dass ich kämpfen muss?

Er sieht traurig aus, dieser Arzt.

Seine Brauen kräuseln sich, sein Kinn wirkt verkniffen. Ebenso sein Mund. In einem anderen Leben hätte ich behauptet, seine Lippen wären göttlich, da bin ich mir sicher.

Aber es gibt kein anderes Leben mehr, es gibt überhaupt kein Leben mehr.

Nur noch die 185 Zentimeter Menschenfleisch auf diesem Bett.

Atmend und denkend, ohne Sinn und Verstand.

Das halblange, leicht gewellte Haar des Arztes fällt ihm in das schmale Gesicht, doch plötzlich kommt Bewegung in ihn. Er kniet sich neben das Bett und legt seine Hände neben meinem Kopf auf die Matratze.

Augenhöhe.

Einem Reflex folgend drehe ich mich auf die Seite, schiebe die Handflächen unter meine Wange und mustere ihn.

Blau, seine Augen sind blau. Und er blinzelt immer wieder.

Das macht einen Teil von mir nervös. Will mich zur Flucht treiben.

Aber wozu?

Und wohin?

Es gibt keinen Weg mehr für mich. Mein Weg ist zu Ende.

Wieder bewegen sich seine Lippen und diesmal beenden meine Ohren ihren Streik. Ich verstehe ihn. Seine Stimme klingt belegt, ein wenig rau.

„Herr Claasen, verstehen Sie mich?“

Ich bringe tatsächlich ein Nicken zustande.

„Ich bin Doktor Ackerman. Ich würde mich gern mit Ihnen unterhalten.“

Ich schweige. Ich will nicht reden. Zuhören ist schon anstrengend genug. Als ich nicht reagiere – außer damit, dass meine Augenlider sich kurz schließen – seufzt er leise und seine Lippen pressen sich zu einem schmalen Strich zusammen. Das lässt ihn älter aussehen. Dabei wirkt er verdammt jung für einen Seelenklempner. Nichts anderes kann er sein. Nicht an diesem Ort.

„Ist es in Ordnung, wenn ich rede und Sie hören zu?“

Wieder schließe ich kurz die Augen.

„In Ordnung.“ Er klingt beinahe erleichtert, atmet tief durch und mustert mich ernst, während er weiterspricht. „Ich bin Doktor der Psychiatrie und Psychotherapie. Mein Spezialgebiet sind Patienten mit posttraumatischer Belastungsstörung. Ich bin hier, um Ihnen zu helfen. Ich hoffe, dass wir im Laufe der Zeit miteinander sprechen können. Über das, was geschehen ist ebenso wie über das, was in Zukunft sein wird.“

Ich bemerke, wie mein Körper sich anspannt. Nein, niemals werde ich über das sprechen, was passiert ist! Ohne dass ich auch nur einen Laut von mir gebe, nickt er.

„Ich verstehe das. Vielleicht finden wir einen anderen Weg zur Kommunikation.“

Er nestelt an seinem Kittel, dann legen seine schlanken Finger etwas zwischen uns auf die Matratze und Sekunden später noch etwas.

Das Erste ist eine Kladde. Etwas größer als DIN A5, mehr als daumendick. Das Zweite ein Stift.

Ich schlucke und blicke darauf, dann wieder zu ihm. Ich soll etwas aufschreiben? Kann ich das?

Und vor allem: Was?!

Er lächelt ganz kurz, als meine Hand sich schwerfällig auf Kladde und Stift zubewegt. Ich greife tatsächlich danach, was mich persönlich erstaunt.

„Ich möchte Ihnen diese Dinge schenken, damit Sie alles aufschreiben können, was Ihnen einfällt. Niemand wird Sie dazu zwingen, zu sprechen. Auch nicht dazu, tatsächlich etwas aufzuschreiben, aber Sie sollen die Möglichkeit haben, es zu tun, wenn Ihnen danach ist.“

Dieser Typ weiß, was er tut, das wird mir klar, als er sich langsam in einer fließenden Bewegung erhebt und zur Tür wendet.

„Ich werde Ihnen jetzt keinen schönen Tag wünschen. Ich weiß zu genau, dass Sie den nicht haben wollen.“

Ich sehe ihm nach, während er die Tür öffnet und hinter sich wieder schließt. Seltsamer Arzt.

Müsste er mich nicht mit Pillen vollstopfen? Macht man das nicht mit Irren wie mir?

Ich richte mich mühsam auf und ziehe die Beine unter mich, bis ich knie. Eine Angewohnheit aus dem alten Leben, dem einzigen Leben, das ich jemals hatte.

Minutenlang, vielleicht auch stundenlang, starre ich auf das Buch neben mir. Dann greife ich wieder danach.

Es sieht wie ein antiker Minifoliant aus, fühlt sich kühl an zwischen meinen Fingern. Ich klappe es auf und nehme den Stift. Dann starre ich minutenlang auf die erste Seite, sehe die Linien darauf auf und ab tanzen.

Was soll ich schreiben? Wie beginnt man solche Texte?

Und bevor ich es richtig wahrnehme, bewegt sich der Stift in meiner Hand über das Papier.


 

Das Märchen

Märchen fangen immer wie an? Ach ja, ‚es war einmal‘ ... und dann wird von stolzen Prinzen und wunderschönen Prinzessinnen gefaselt und am Schluss steht was von ‚glücklich bis an ihr Ende ...

Das impliziert doch, dass beide gleichzeitig abtreten, nicht wahr?

Aber was passiert, wenn das Märchen anders endet?

Wenn einer von beiden stirbt und der andere allein bleibt? Ist dann das Happy End vorbei? Oder gab es nie eines?

Weiß man also eigentlich erst ganz am Ende, ob es eines war?

Ich denke nicht. Denn nicht jedes Märchen muss gut enden, um eines zu sein. Nicht jedes Märchen braucht ein ‚und sie lebten glücklich bis an ihr Ende‘.

Und doch wünsche ich mir einfach nur, es hätte genau diesen Satz für uns gegeben.

Und das, wo ich – ein ‚stolzer Prinz‘ – gar keine Prinzessin hatte oder jemals haben wollte.

Ich wollte und will nur ihn ...


 

Wer bin ich?

Das ist die Frage, die ich mir stelle, seitdem ich die Kladde in die Hand genommen habe.

In meinem Ausweis steht, dass ich Julius Claasen heiße und 1981 geboren wurde. Das stimmt so weit auch. Aber das sagt nichts darüber aus, wie ich bin oder was ich war.

Heute jedenfalls bin ich 32 Jahre alt und das vergangene Jahr (2012) war nicht unbedingt mein Jahr, um es vorsichtig zu sagen. Mir wäre echt lieber gewesen, wenn die ganzen Weltuntergangsidioten recht gehabt hätten.

Aber nein, draußen scheint die Sonne auf saftig-grüne Blätter, das weiß ich. Ist schließlich Frühling. Ob ich das wahrnehme, erkenne oder überhaupt sehen will, das steht auf einem gänzlich anderen Blatt. Um es kurzzumachen: Ich will nicht und ich kann auch nicht.

Mein Therapeut hat mir nun also dieses Buch zum Vollkritzeln gegeben ... Also werde ich versuchen, aufzuschreiben, was mich hierher gebracht hat.

Seit sieben Monaten habe ich kein Wort gesprochen. Es gab keinen Grund dafür. Es macht einfach keinen Sinn.

Umso faszinierter bin ich davon, dass ich tatsächlich schon eine Seite in der Kladde beschrieben habe. Und wer meine Eingangsworte aufmerksam gelesen hat, weiß, dass es in meinem Leben ein Märchen gab. Aber ‚das war einmal‘.

Ha ha, was für ein Wortspiel. Zum Kotzen.

Und ja, ich fange vorn an. Am Anfang.

Ich habe etwas erlebt, was nicht jedem Menschen zuteilwird, und ich bin es mir, dieser Kladde und ihm schuldig, wirklich mit dem ‚es war einmal‘ anzufangen.


Es war einmal ...

… in einer Kleinstadt im westlichen Münsterland, als einem jungen Pärchen sein erstes und einziges Kind geboren wurde. Die Eltern nannten das Kind Julius und kümmerten sich rührend und voller Herzenswärme.

Dieser Sohn war ich und ich stehe nicht wirklich auf diese geschwollene Märchensprache. Deshalb lieber ‚normal‘ weiter:

Mein Vater wurde Staatsanwalt, als ich in die Grundschule kam, meine Mutter verbrachte ihre Zeit mit mir und ich hatte eine tolle Kindheit.

Hm, das klingt jetzt so, als wäre meine Jugend anders verlaufen, aber das ist sie nicht. Ich wuchs behütet, aber nicht eingeengt auf, was sich in meinem Fall als ausgesprochen hilfreich für meine Entwicklung darstellte.

Mit sechzehn offenbarte ich meinen doch leicht konsternierten Eltern, dass ich homosexuell bin. Und hier muss ich sagen, erstaunten sie mich nach anfänglicher Irritation sehr: Sie brachten es tatsächlich fertig, mit anderen ‚betroffenen‘ Eltern eine Selbsthilfegruppe zu gründen, um mich auf meinem möglicherweise steinigen Weg in meine Zukunft zu begleiten und mich in meiner Sexualität zu bestärken. Das war 1997, und besonders die Reaktion meines Vaters überraschte mich. Er war ein ziemlicher Macho und ich hätte ihn, ohne mit der Wimper zu zucken, als absolut homophob eingestuft. Er überzeugte mich mit seiner liberalen Haltung erst im Laufe der kommenden Monate vom Gegenteil. Aber er tat es!

Klingt doch schon mal nach Märchen, oder nicht?

Ehrlich, ich kann Euch sagen, damals wäre ich fast vom Küchenstuhl gefallen, als sie mir brühwarm erklärten, dass sie zu hundert Prozent hinter mir stehen würden, egal was kommen mochte.

Und es kam ’ne ganze Menge ...

Ich war nicht der einzige Schwule im Dorf, tatsächlich war einer meiner Kindergartenfreunde, Tim Straatmann, vom gleichen Ufer wie ich. Wir hatten früher oft zusammen gespielt, doch er war ein gutes halbes Jahr älter als ich und wurde entsprechend eher eingeschult. Wir hatten uns, obwohl er die gleiche Grundschule und später das gleiche Gymnasium besuchte, aus den Augen verloren. Na ja, nicht wörtlich aber wir hatten eben neue Freunde gefunden und außer gelegentlichen Grüßen tauschten wir nichts mehr aus.

Das musste sich ändern und irgendwie erregte mich der Gedanke, dass Tim auf Jungs stand. Ha ha, irgendwie? Nein, ich fand es einfach klasse!

Die Treffen fanden wöchentlich statt, und zwar immer reihum bei einer der ‚betroffenen Familien‘. Ich kam um dieses, das erste in meinem Elternhaus, nicht ganz herum, weil ich nach meinem Karate-Training schließlich auch irgendwann nach Hause kommen musste.

Es war Sommer und schon auf meinem Weg von der Bushaltestelle nach Hause roch ich, dass irgendwo gegrillt wurde.

Gleichzeitig erwachte mein Hunger und ich hoffte inständig, dass mein Vater sich aus seinem Anzug gepellt und in den Garten gestellt hatte.

Die Parklücken in der Spielstraße vor unserem Haus waren ausnahmslos belegt, doch ich dachte mir nichts dabei, das waren sie meistens. Trotzdem hörte ich durch die geschlossene Seitentür der Garage, die zum Garten führte, dass wesentlich mehr Personen als nur meine Eltern im Haus waren.

Ich ging hinein und wollte zuerst meine Trainingstasche nach oben bringen; geduscht hatte ich bereits im Dojo. Aber als der Duft des Grillguts durch die offen stehende Terrassentür aus dem Garten hereinwehte, entschied ich mich spontan um. Die Tasche flog unter die Garderobe und ich stiefelte gutgelaunt in Richtung Grill.

„Ah, da bist du ja, Schatz!“, begrüßte mich meine Mutter und ich ließ meinen Blick schnell durch den rundum geschützt liegenden Garten schweifen. Da waren eine Menge Leute, die ich vom Sehen kannte, einige andere, die ich nie zuvor gesehen hatte. Meine Mutter stellte mich den um sie herumstehenden Personen vor.

„Hallo zusammen“, sagte ich und warf immer wieder sehnsüchtige Blicke auf den Grill. Dort stand mein Vater, vertieft in ein Gespräch mit zwei anderen Männern. Ich schluckte und bemühte mich, meiner Mutter wieder zuzuhören.

„… Treffen unserer SHG, Schatz. Das hatte ich dir doch vorgestern gesagt.“

Ja, gut möglich, ich hörte nicht unbedingt immer mit voller Aufmerksamkeit zu, aber das spielte nun wohl keine Rolle mehr.

„Okay, dann schnappe ich mir schnell etwas vom Grill und verziehe mich, will euch ja nicht stören, bei der Selbsthilfe ...“ Ich grinste. Denn ja, ich war der einzige Jugendliche hier. Alle anderen waren mindestens im Alter meiner Eltern und es erschien mir weder besonders spannend noch nötig, dass ich dabei blieb.

Zu meiner Befremdung lachte meine Mutter auf. „Nein, dies ist die Sommerparty, heute sind auch alle Jungs mitgekommen, die Zeit hatten.“

„Aha“, machte ich und sah mich noch einmal um. „Und wo versteckt ihr die?“

Hey, natürlich war ich neugierig! Ich hatte bislang nicht unbedingt viele Schwule getroffen. Dies hier müsste also eigentlich ein Garten Eden sein, oder nicht?

„Die Jungs sind oben. Sie wollten wissen, wie dein Zimmer aussieht ...“ Das entschuldigende Lächeln hätte sie sich echt sparen können, mir entglitten nämlich augenblicklich sämtliche Gesichtszüge. Ich machte kehrt und verschwand wortlos im Haus.

Mein Zimmer war tabu, für jeden!

Nicht einmal meine Mutter betrat es in meiner Abwesenheit. Wäsche legte sie mir immer auf die Kommode oben im Flur!

Im Geiste schon mal meine wildesten Flüche sortierend, stapfte ich über die Wendeltreppe zur Galerie im ersten Stock und weiter in mein Zimmer.

Die Musik – immerhin meine Lieblingsband, aber das tröstete mich grade auch nicht mehr – schallte zu mir hinaus, die Tür war nur angelehnt und ich schob sie mit einem viel zu heftigen Stoß nach innen. Sie krachte an den Wandschrank und prompt schossen gefühlte zwanzig Augenpaare zu mir.

„Raus. Aus. Meinem. Zimmer“, brachte ich mühsam hervor und hoffte, dass ich wenigstens halb so wütend aussah, wie ich war.

Irgendwer drehte die Musik leiser und jemand sagte: „Hey, da ist er ja!“

„Hi Julius, deine Ma hat gesagt, wir dürften, wenn wir nur Sachen anfassen, die wirklich offen irgendwo rumstehen.“

„Ich sagte“, begann ich knurrend, doch Tim trat auf mich zu, bevor ich meinen verbalen Rauswurf wiederholen konnte.

„Wir haben nur die Musik angemacht, ehrlich. Keiner von uns würde wollen, dass bei uns irgendwer rumschnüffelt.“ Er lächelte und unwillkürlich lächelte ich zurück. Offensichtlich wusste er genau, was mein Problem bei dieser Invasion war.

Vorsichtig nickte ich. „Und wer seid ihr alle? Wenn hier in meinem Allerheiligsten das Treffen der Nicht-mehr-ganz-so-anonymen-Schwulen stattfindet, will ich wenigstens Namen!“

Die meisten kicherten und endlich erlaubte ich mir eine genaue Zählung der Eindringlinge. Vor mir stand noch immer Tim, der sich jetzt leicht abwandte, um mir einen besseren Blick zu gewähren. Auf meinem breiten Bett lümmelten drei Jungs, die ich nicht mal vom Sehen kannte, auf meinem Schreibtischstuhl saß ein Junge aus der Parallelklasse von mir und auf meinen Sitzsäcken unter dem Veluxfenster hockten zwei weitere Jungs, beide hatte ich irgendwo schon mal gesehen, aber mir wollte nicht einfallen, wo.

„Ich bin Christian Denning, aber alle nennen mich nur Chris“, sagte ein Blondschopf, der rechts auf dem Bett saß. Er deutete neben sich. „Der hier in der Mitte ist Jeremy Krieger und daneben fläzt Gregor Wiechert.“

Der Junge auf meinem Schreibtischstuhl hob die Hand. „Kevin Frieling.“

Ich nickte.

Die zwei auf den Sitzsäcken stellte Tim vor: „Das da sind Mike Richter und unser Nesthäkchen Luis Stadler.“

„Hallo zusammen“, sagte ich resigniert und überlegte, wo ich mich jetzt hinsetzen sollte, wenn mein Zimmer schon derart bevölkert war. „Da unten sind deutlich mehr Eltern als nur eure, oder? Wo sind die anderen ... und ... kennt ihr die alle schon?“

„Zum Teil. Manche sollen nachher auch noch auftauchen, hat mein Vater gesagt“, erklärte Luis nun.

Er sah jung aus, vielleicht vierzehn.

„Okay“, machte ich gedehnt und deutete zur Galerie, auf der ich noch immer halb stand. „Wenn wer Hunger hat, das sah da unten grad schon ganz vernünftig aus ...“

Natürlich hegte ich die Hoffnung, dass nun alle aufspringen und runterrennen würden.

„Oh, cool, darauf warte ich schon die ganze Zeit!“, erklärte Chris und erhob sich. Er kam mit lockerem Schritt auf mich zu und grinste. „Mann, du bist echt genauso niedlich wie auf dem Foto unten im Wohnzimmer!“

Ich lächelte fein. „Nett, dass es dir aufgefallen ist.“

Chris lachte und schlug mir auf die Schulter. „Immer gern! Und jetzt hab ich Kohldampf!“

Damit schob er sich an mir vorbei und ging fröhlich pfeifend nach unten.

Luis und Gregor schlossen sich ihm an, der Rest blieb, wo er war.

„Äh ... also ich hätte auch Hunger, wir sehen uns dann später“, sagte ich und kehrte ebenfalls zurück zur Wendeltreppe. Ich registrierte, dass die anderen mir nun doch folgten, und grinste darüber. In ein fremdes Zimmer zu gehen war wohl doch nur so lange spannend, bis der Hausherr zurückkam.

Der Abend wurde unerwartet lustig und ein paar von diesen Jungs wurden tatsächlich zu meinen besten Freunden. Fünf, um genau zu sein.

Tim, Chris, Kevin, Mike und Jeremy. Uns verband neben beinahe gleichem Alter und sehr ähnlichem Geschmack in Bezug auf Jungs, Filme und Musik vor allem ein ausgeprägter Sinn für Humor. Wir tickten gleich, irgendwie. Besser kann ich es nicht beschreiben.

Und jeder von uns fühlte sich von den anderen angezogen. Na klar, wir mochten auch die restlichen Jungs, bis auf zwei oder drei, aber die gehörten einfach nicht zum ... inneren Kreis, der sich an diesem Abend unwiderruflich fand.

Im Nachhinein betrachtet war ich meiner Mutter sehr dankbar für diese Aktion, denn keinen der fünf wollte ich missen.

Wir gingen zusammen ins BoyToy, den einzigen brauchbaren Schwulenclub in der Nachbarstadt Bocholt, in der sich auch die gesammelten weiterführenden Schulen der Umgebung befanden. Und etwa ein Jahr später entdeckten wir, wie angenehm es sein konnte, unverbindlichen Sex mit Freunden zu haben ...

© Nathan Jaeger

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